Arbeiterproteste während Volkskongress, MiJ, 16.3.2016

Der Volkskongress in Peking hat heute mit überwältigender Mehrheit den neuen Fünfjahresplan für die chinesische Wirtschaft verabschiedet. Das große Ziel ist eine Modernisierung der Wirtschaft in die Richtung der Produktion hochwärtiger Konsumgüter. Ein harte Landung der chinesischen Wirtschaft, also den gefürchteten abrupten Wirtschaftseinbruch, schließt man in Peking aus. Aber einfacher werden die kommende Jahre nicht sein. Während in Peking Abgeordnete berieten brechen die größten Arbeiterproteste seit langem im Süden und im Norden des Landes aus.

Vergangenes Wochenende waren es tausende Bergarbeiter in der nordchinesischen Stadt Shuangyashan, die auf die Straße gingen. Aus Protest gegen den Provinzgouverneur, der beim Volkskongress in Peking versichert hatte, dass in seiner Provinz alle Löhne ausgezahlt werden.

Die chinesische Internetzensur, sonst besonders streng während der Volkskongresstagung, lässt Fotos und Videos vom ungewöhnlichen Arbeiterprotest zu. Schließlich muss die Provinzverwaltung zurückrudern und Lohnrückstände beim riesigen Staatsbetrieb Longmay im Norden Chinas zugeben. Longmay ist nach chinesischen Medienberichten total verschuldet und muss 20 000 Arbeiter abbauen. Viele Bergarbeiter warten seit Monaten auf ihre Löhne.

Im südchinesischen Kanton stehen gleichzeitig Stahlarbeiter im Streik. Zu hunderten blockierten sie den Fabrikseingang des Stahlriesen Lianzhong, wegen Lohnkürzungen von bis zu 50 Prozent, berichten Streikende der New York Times.   Bis die Polizei kam und die Demonstranten vertrieb.

Die Zahl der bekannten Arbeitskonflikte in China hat sich bereits im letzten Jahr verdoppelt und steigt auch dieses Jahr noch an.

Arbeitskonflikte im Privatsektor sind keine Seltenheit in China. Dass auch große Staatsbetriebe betroffen sind, ist genauso ungewöhnlich wie die heftige Reaktion der Basis auf die Aussage eines Politikers auf dem Volkskongress in Peking.

Bei der Abstimmung über den neuen Fünfjahresplan am heutigen letzten Tag klappt auf jeden Fall die Regie. 2778 Delegierte stimmen zu, es gibt 43 Gegenstimmen und 25 Enthaltungen.

Bis 2020 will die chinesische Führung das Bruttonationalprodukt verdoppeln, basierend auf den Zahlen von 2010. Die Armut soll beseitigt werden und das Land damit einen großen Schritt näher an die Gesellschaft mittleren Wohlstands gebracht werden, wie das offizielle Ziel heißt.

Kühne Reformschritte sind im neuen Fünfjahresplan keine vorgesehen. Das Wachstumsziel von 6,5 Prozent im Jahr will man durch einen schrittweisen Umbau der Wirtschaft in Richtung Konsumgüter für die eigenen Bürger erreichen.

In seiner Abschlusskonferenz gesteht Premierminister Li Keqiang einmal mehr tief sitzende Probleme ein. Aber einen Wirtschaftseinbruch werde es keinen geben, die Regierung verfügt über ausreichende Instrumente gegenzusteuern.

In der chinesischen Wirtschaft gibt es sowohl Schwierigkeiten als auch Chancen. Aber die Grundlage ist gut und es gibt mehr Grund zur Hoffnung als Hindernisse.

In vielen Industriezweigen wie bei Stahlsektor, in Zementfabriken und bei Bergwerken gibt es riesige Überkapazitäten. Die Überkapazitäten will man abbauen. Massenentlassungen werde es trotzdem keine geben, weil Geld für Umschulungen zur Verfügung steht.

Harte Landung werde es keine geben, so Premier Li Kequiang, denn der chinesische Markt hat noch großes Potential.

Sorge bereitet der chinesischen Führung die unsichere internationale Situation und mögliche Rückwirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung. Auf die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel gemünzt meint der chinesische Premier:

Wir hoffen, dass alle Länder zusammenarbeiten werden um die Stabilität der Region aufrechtzuerhalten und nicht genau das Gegenteil tun.

Es ist kein einfaches Umfeld für den neuen Fünfjahresplan, an den die Führung so viele Hoffnungen knüpft.