Angela Merkel und die Gefahr eines Atomkrieges in der Nordkoreakrise, 27.9.2017

Viel Zeit hat Angela Merkel nicht, nach der Bundestagswahl für Deutschland eine neue Koalition zu zimmern. Die Weltpolitik nimmt keine Auszeit. Frankreichs Präsident Macron drängt auf eine rasche Weichenstellung in Berlin in die Richtung der von ihm verlangten Neugründung Europas, damit die EU international geschlossen auftreten kann. Die Gefahren des Chaos in der Weltpolitik sind inzwischen so groß, dass auch das außenpolitische Know How der Europäer zur Konfliktvermeidung dringend gefordert ist.
Die herbstliche Eröffnung der UNO-Generalversammlung ist üblicherweise ein Hochamt der großen Diplomatie. Dieses Jahr ist der  Zusammenbruch des internationalen Ordnungssystems zu beobachten.  Der Abtausch von Verbalinjurien zwischen Nordkorea und den USA erschwert die Bemühungen, einen verheerenden Krieg in Ostasien zu vermeiden. Von den Auswirkungen bliebe auch Europa nicht verschont. Die Drohungen haben ein Niveau erreicht, das es für beiden Seiten schwer macht, einzulenken. Noch während in New York die Delegierten tagen, schickt das Pentagon  US-Kampfbomber vor die nordkoreanische Küste.
Nordkoreas Außenminister Ri Yong Ho hatte vor der Weltorganisation einen Raketenangriff auf die USA für unvermeidlich erklärt.  Ein nordkoreanischer Atomtest über dem Pazifik sei jederzeit möglich. Das Fallout konnte sich leicht über den gesamten Erdball verbreiten. Zuvor ließ Staatsführer Kim Jong Un, vor einer Bücherwand sitzend,  den „sogenannten US-Präsidenten“ als „verängstigten Hund“, „Rowdy und Gangster“ beschimpfen, ein „alter Knacker“ sei Trump, ein „seniler Verrückter“, den er „unbedingt mit Feuer“ behandeln werde. Die nordkoreanische Botschaft in Wien schickt diesen Text als Verbalnote aus.
Die Nordkoreaner regieren auf die Verbalinjurien Trumps gegen den nordkoreanischen Führer als „Rocket man“, dessen Land die USA wenn nötig vollständig zerstören würde. In New York kann sich kein Diplomat daran erinnern, dass je ein Staat auf offener Tribüne  mit totaler Zerstörung bedroht worden sei. Der Ausfall steht im Gegensatz zum Geist der Vereinten Nationen, der Waffengewalt nur zur Selbstverteidigung erlaubt. Im Koreakrieg 1950-1953 hatte die amerikanische Luftwaffe Nordkorea mit Napalm in Grund und Boden bombardiert. US-Oberkommandierender  Douglas McArthur wollte  Atomwaffen einsetzen. Truman, der grünes Licht für Hiroshima und Nagasaki gegeben hatte, verhinderte das Massaker und setzte McArthur ab. Wie ein Präsident Trump agieren würde, will sich lieber niemand vorstellen.
Während die halbe Welt hofft, dass Nordkorea unter dem Druck verschärfter Sanktionen auf Verhandlungen einsteigt, um ähnlich wie der Iran durch Konzessionen im Nuklearbereich wirtschaftliche Vorteile auszuhandeln, überlegt Trump die Aufkündigung des Abkommens mit Teheran. Der Nahe Osten bekäme schlagartig eine Krise mehr. Und in Richtung  Nordkorea zeigen die USA, wie wenig sich Pjöngjang auf internationale Verträge verlassen kann, sollte die Führung je eine atomare Selbstbeschränkung überlegen.
UNO-Generalsekretär Antonio Guterres, ein ehemaliger linker portugiesischer Regierungschef, hatte vergeblich vor verbalen Ausritten gewarnt.  EU-Chefdiplomatin Federica Mogherini erinnert daran, dass  der Iran nach übereinstimmenden Aussagen aller Beteiligten die Vorgaben des Nuklearabkommens einhält. Angela Merkel und Frankreichs Emanuel Macron verlangen Zurückhaltung im Koreadisput, ganz ähnlich wie China und Russland. Noch selten sind die Gegensätze zwischen den  USA und Europa so deutlich zu Tage getreten.
Die USA werden auf absehbare Zeit ein Gefährdungsfaktor in der Welt bleiben. Der Mann mit dem Zugriff auf  das größte Atomarsenal der Erde ist unberechenbar. Die amerikanische Gewaltenteilung, das berühmte System von Checks and Balances, hat durch Einsprüche der Justiz und Widerstände im Kongress im Inneren den Handlungsspielraum Trumps  eingeschränkt. Aber  Außenpolitik ist die Domäne des Präsidenten.
In der Eskalation mit dem nordkoreanischen Regime fällt dem Präsidenten vor allem China in die Parade. Trump wagt keinen Bruch mit Peking, weil die Risiken eines Konflikts mit der zweitgrößten Volkswirtschaft der Erde unkalkulierbar sind. Im Interesse des Weltfriedens sollten sich auch die Europäer zu Wort melden, um einer Gewaltanwendung jeder Art entgegen zu treten. Chinas Präsident Xi Jinping bekäme durch ein europäisches Nein zu einem  US-Präventivschlages mehr Spielraum in der eigenen Führung, härtere Sanktionen gegen Pjöngjang durchzusetzen. Die geschlossenen Ablehnung eines kriegerischen Abenteuers durch Europa, Russland und China  könnte auch das Weiße Haus nicht ignorieren.

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